Deutsch – besser als sein Ruf

Deutsch gilt als eine nicht leicht zu erlernende Sprache: viele verschiedene Deklinationen und Konjugationen, dazu zahlreiche irrationale Ausnahmefälle der Grammatik. Die pingelige Zeichensetzung verliert schon seit längerem an Rückhalt. Roland Kaehlbrandt, Sprachwissenschaftler an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter und Mannheim, und Mitglied des Kuratoriums der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, widerspricht dem nicht, weist aber in seinem Buch darauf hin, dass es sich dennoch lohnt, diese Sprache zu lernen und zu beherrschen.

Zehn Gründe (genau genommen sogar elf) dafür hat er gefunden, dass Deutsch sensibler, ausdrucksstärker als andere Sprachen und sogar in mancher Hinsicht bequemer anwendbar ist. Dafür führt er unter anderem die Möglichkeit der Wortbildung durch Zusammensetzung von Begriffen an oder den variablen Satzbau, durch den unterschiedliche Dinge betont werden können. Der Autor führt griffige Wendungen (etwa Buchtitel) an. Er weist zudem darauf hin, dass Deutsch Begriffe aus anderen Sprachen gut aufnehmen kann, und er würdigt sie als alte Kultur- und Bildungssprache. Das alles ist populär geschrieben, ohne dass damit an Niveau eingebüßt wird. Am Ende sieht der Lesende seine Muttersprache unter ganz neuen Aspekten und hat Lust bekommen, sich mit ihr auseinanderzusetzen.

Man müsste Sprachkünstler:in sein, um beurteilen zu können, ob Deutsch anderen Sprachen wirklich so viel voraushat. Realistisch betrachtet wird Deutsch trotz dieses Plädoyers der Weltsprache Englisch nicht das Wasser reichen können. Aber immerhin hat es Deutsch - Eine Liebeserklärung auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft, und wenn es den Deutschen beim Sprechen ein besseres Gefühl gibt, ist das schon sehr zu begrüßen.

Roland Kaehlbrandt: Deutsch - Eine Liebeserklärung. Die zehn großen Vorzüge unserer erstaunlichen Sprache. 256 Seiten, 12 Euro, Piper Verlag, München, 2022.