Ein Anthroposoph im Großkonzern

Rainer Monnet

Bodack lernt Schlosser an der Hibernia-Schule, studiert Maschinenbau und Design, schließlich macht er den Master of Science in Sozialwissenschaften in Berkeley, Kalifornien. Danach heuert Bodack 1978 direkt bei der Deutschen Bundesbahn an. Ein Unternehmen, bei dem Stahl eine so große Rolle spielt, benötigt Menschen mit besonderen Fähigkeiten und Kräften, dort etwas in Bewegung zu bringen.

Die Liste der Innovationen, die Bodack ins Leben gebracht hat, ist lang. Vielleicht erinnert sich noch der ein oder andere an den Interregio. Er war der wohl erfolgreichste Zug in den 1980/90er Jahren. Unter Mitwirkung des Designbüros BPR mit Jens Peters wurden die Bahnwaggons nicht nur konzeptionell technisch, sondern auch die Innenraumgestaltung völlig neu gestaltet. Auf der Basis der Idee der sozialen Dreigliederung wurden Innovationen für die Züge, neue Fahrpläne und kundenorientierte Verhaltensweisen der Mitarbeiter eingeführt, indem hierarchische Führung reduziert und sowohl Teamverhalten wie auch Delegation der Verantwortlichkeit eingeführt wurden: Damit gelangen Schritte in die »soziale Dreigliederung«.

Es ist umso erschreckender, zu verfolgen, wie über zwei Vorstandsgenerationen hinweg das Lebenswerk von Karl-Dieter Bodack und das seiner Kollegen systematisch zerstört wurde.

Parallel zu seiner beruflichen Karriere gründet Bodack in den 1980er Jahren mit anderen Eltern die Waldorfschule Gröbenzell. Gegen größte Widerstände der bayrischen Landesregierung gelingt nicht nur unter architektonischen, sondern auch unter sozialgestalterischen Gesichtspunkten der Aufbau einer bis heute florierenden Schule.

Weitere berufliche Stationen werden in der Autobiografie beschrieben, darunter Management- und Corporate-Design-Beratung für die dm-Drogerie-Markt-Kette, das Lebensmittelhandelsunternehmen tegut, die norwegische Staatsbahn, seine Mitwirkung am Aufbau eines neuen Studiengangs der Hochschule Coburg, der Marketing, Design und Technik integriert und im Aufsichtsrat der Stuttgarter Netz AG, die den Kopfbahnhof Stuttgart übernehmen sollte .

Bodack gebührt große Anerkennung. Nur wenigen Menschen ist es möglich, mit solch einer breiten Palette an Fähigkeiten, mit Güte und Kampfwillen ausgezeichnet zu sein und gegen den Strom agierend so viel erreicht zu haben.

Das Buch liest sich wie ein Lebensreisebericht eines erfolgreichen Reformers. Die Erlebenskapitel werden durch vielfache Reflexionen ergänzt. Sie zeigen, wie erfolgreich anthroposophische und andere Erkenntnisse in der Praxis wirken können – zumal, wenn es gelingt, sie in dreigegliederte Arbeitsstrukturen einzubringen. In seiner Autobiographie treten tieferliegende Motive und innere geistige Entwicklungen zu Tage, die wohl die Grundlage für die vielfachen Erfolge sind.

Karl-Dieter Bodack: Ein Leben mit Spuren. Als Anthroposoph bei der Deutschen Bahn, 336 S., Hardcover, EUR 24,–, Info3 Verlag, Frankfurt 2019