Irrweg Organtransplantation

Andreas Schurig

Der Autor weist darauf hin, dass in Zusammenhang mit dem sogenannten Hirntod nur von einem Organfunktionsausfall, der aber nicht mit dem Organtod gleichzusetzen ist, gesprochen werden kann. Der Begriff Hirnversagen wäre korrekt. Und dies auch nur zum Teil, da hormonelle Regelkreise im Hypothalamus nicht oder kaum gestört werden. Ausführlich wird auf die Hirntoddiagnostik eingegangen. Die Schädigung des Großhirns kann als wahrscheinlich angenommen werden. Über das Kleinhirn kann kaum etwas ausgesagt werden. Es gilt nach Bavastro de facto nur das Konzept des Teilhirntodes.

Bis heute kann die Neurologie nicht sagen, wo genau Bewusstsein entsteht. Nach Meinung des Autors ist größte Vorsicht geboten, wenn behauptet wird, dass der Mensch in einem bestimmten Zustand kein Bewusstsein hat und nichts spürt.

Zusammenfassend kommt der Autor zu der Überzeugung, dass die normale Organentnahme phänomenologisch und biologisch fremdnützige Tötung eines Sterbenden und damit bewusste Täuschung sei.

Nachdenklich wird man beim Lesen, wenn beispielsweise darauf hingewiesen wird, dass nach der Organübertragung plötzlich Veränderungen der Persönlichkeit des Organempfängers auftreten und Charakter-Eigenschaften des Spenders wiedergeben. In den USA ist es für Organempfänger leichter, Kontakt zur Familie des Spenders zu bekommen. Nach dem US-Kardiologen Pearsall prägt die Lebensenergie die Organe mit Erinnerungen, Gewohnheiten, Vorlieben. Über diese Energie werden Prägungen auf den Empfänger übertragen. Im Fall eines achtjährigen Mädchens in den USA wurde anhand ihrer Beschreibungen der Mörder eines anderen Mädchens gefunden, von dem das achtjährige Mädchen das Herz bekommen hat.

Bavastro fordert für die Transplantationsmedizin ein vom Bundestag kontrolliertes Institut, das sich mit den Fragen Hirnversagen, Zuteilung und Strukturen beschäftigen soll, sowie eine unabhängige Einrichtung zur Aufstellung von Richtlinien, bei der auch das Transplantationsregister angesiedelt sein könnte.

Dem Werk ist es zu wünschen, dass es in jeder Lehrerbibliothek als Urteilsgrundlage zu einem nach wie vor umstrittenen aktuellen Thema zur Verfügung steht und für zahlreiche Diskussionen in den Oberstufenklassen sorgt, denn ab dem 14. Lebensjahr können Jugendliche einer Organentnahme selbst widersprechen und ab 16 können sie entscheiden, ob sie zustimmen oder eine Entnahme ablehnen.

Paolo Bavastro: Organ-Transplantation. Zukunftsweisend oder Irrweg des Zeitgeistes?, brosch., 636 S., EUR 68,–, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2018