Wie aber, wenn es politisch gewollt wäre, schon bei den Heranwachsenden Vorbehalte gegen das sogenannte Kriegshandwerk abzubauen, es ihnen sogar schmackhaft zu machen?
Gegenwärtig sind in Deutschland rund 2.000 Siebzehnjährige beim Militär. Tendenz steigend. Allein dieses Jahr erhielten über eine Million Jugendliche per Post Werbebroschüren von der Bundeswehr. Offiziere halten tausende Vorträge an Schulen. Um möglichst viele junge Menschen noch vor der Volljährigkeit zu rekrutieren, hat die Bundeswehr eine Netzoffensive gestartet, bietet Abenteuercamps an, kooperiert mit Sportvereinen. Seit Jahren fordern Organisationen der Friedensbewegung vergebens, diese Kampagnen einzustellen oder zumindest für Ausgewogenheit zu sorgen. Letzteres würde heißen, dass grundsätzlich auch Pazifisten, Friedensaktivisten oder Experten für gewaltfreie Konfliktlösung die Gelegenheit erhielten, den Jugendlichen ihre Standpunkte zu unterbreiten.
Was die Bundeswehr hier mit Billigung des Verteidigungsministeriums treibt, verstößt nicht direkt gegen internationales Recht. Das wäre erst der Fall, wenn Jugendliche unter 18 tatsächlich zu Kampfhandlungen herangezogen würden. Aber es ist grob sittenwidrig, um einmal diesen altbackenen Ausdruck zu verwenden. Deshalb hat der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes Deutschland mehrfach aufgefordert, den Missstand zu beheben.
17-Jährige haben bei der Armee nichts zu suchen. 18-, 19-, 20-Jährige auch nicht, wie ich meine, aber lassen wir das hier einmal beiseite. Zwischenfrage: Ab welchem Alter ist es menschengemäß, sich im Handwerk des Tötens ausbilden zu lassen? Ach ja, die leidige Pazifismusdebatte. Kürzlich starb Heiner Geißler, und über alle Kanäle wurden noch einmal seine infamen Worte verbreitet: »Der Pazifismus hat Auschwitz erst möglich gemacht.« Selten war ich als junger Mensch so konsterniert. Übrigens sagte Geißler später, das würde er nicht wiederholen.
In einer Petition von Terres des Hommes heißt es: »Jugendliche unter 18 dürfen in Deutschland nicht wählen, nicht selber Auto fahren, keine gewaltverherrlichenden Video-Spiele spielen. Sie dürfen aber mit 17 schon zur Bundeswehr, dort Panzer fahren und sich in Techniken der realen Kriegsführung ausbilden lassen, einschließlich simulierter Tötungen. Sie bekommen dasselbe militärische Training wie Erwachsene, weder gilt das Jugend-Arbeitsschutzgesetz, noch gibt es besondere Maßnahmen zum Schutz vor sexuellen Belästigung.« Ganz davon abgesehen, dass in den vergangenen Wochen wieder einmal durch die Presse ging, wie verbreitet in der Bundeswehr rechtsextremes Gedankengut ist.
Drei deutsche Schulen haben sich bisher offiziell zu »Schulen ohne Militär« erklärt: Die Hulda-Pankok-Gesamtschule Düsseldorf, das Robert-Blum-Gymnasium Berlin und die Käthe-Kollwitz-Schule Offenbach. Was meint der Bund der Freien Waldorfschulen dazu? Gab es schon entsprechende Beratungen? Der Aachener Friedenspreis winkt!