Ein zweijähriger Junge hatte Einschlafprobleme und wurde nachts immer wieder wach. Peter Böhlefeld riet der Mutter, alle elektrischen Geräte aus dem Kinderzimmer zu entfernen und den Kleinen vor dem Schlafengehen mit Torföl einzureiben. Die Einschlafzeit verkürzte sich und das Kind schlief nachts durch. Einige Monate später begann das Unruheproblem erneut. Es stellte sich heraus: der WLan-Verstärker des Großvaters war neu im Haus. Als der am Abend ausgeschaltet wurde, schlief der Kleine wieder gut. Das Kind reagierte offensichtlich sensibel auf Elektrosmog.
Wir haben heute noch keine allgemeinen Wahrnehmungen über die Wirkungen von Elektrizität. Im Alltag ist sie jedoch allgegenwärtig. Die technische Entwicklung der letzten 20 Jahre ist rasant fortgeschritten, nicht aber unser Bewusstsein davon. Die Schwierigkeit liegt darin, Kräfte und ihre Wirkungen zu beschreiben, die nicht anschaubar sind. Eine Mutter erzählt, dass sie in »überlasteten« Räumen ein Ganzkörperkribbeln spüre, verbunden mit dem Gefühl, nicht mehr ganz bei sich selbst zu sein. Sie kann dann nicht mehr klar denken. Bei ihrem kleinen Sohn nimmt sie wahr, dass er viel ausgeglichener ist, wenn sie mit ihm draußen ist, statt in der Wohnung. Sie hat Messungen an der Schule durchgeführt, um die Strahlenbelastung des Gebäudes zu ermitteln. In der näheren Umgebung stehen drei Handymasten. Ihre Tochter kommt »verpeilt« aus der Schule, »sie guckt zwar, aber nimmt nicht wahr.« Ihr wäre es wichtig, dass die Schule den Kindern und Eltern den Umgang mit der heutigen Technik so vermittelt, dass sie auch die negativen Seiten für Mensch und Umwelt beurteilen lernen. Die Kinder bräuchten »Filterzeiten zum Entladen«, wie sie es nennt.
Bettina Rinderknecht, die Lebensgefährtin von Peter Böhlefeld, vermutet, dass heutige krankhafte Erscheinungen wie ADHS oder Unruhe und Angstzustände bei Kindern, in Zusammenhang mit der zunehmenden Dichte von elektrischen Feldern stehen. »Es fängt ja bereits in der Schwangerschaft an und ganz selbstverständlich steht das Babyfon am Kopf der Kindes. Ein Grashalm, der an den Elektrozaun der Kuhweide fällt, stirbt ab, verbrennt. Elektrizität beschleunigt die Absterbeprozesse und lässt früher altern. Kleine Kinder sind ganz Sinneswesen, die deshalb auch viel schlafen müssen. Wenn der Schlaf durch elektromagnetische Felder nicht mehr zur richtigen Erholung führt, wird der kleine Leib zu schnell hart, zu klein, wie ein zu enger Handschuh«, erläutert sie. Denn die Elektrizität greift in alle Lebensprozesse ein. Wissenschaftliche Studien beschreiben Hormonveränderungen, wie zum Beispiel die Melantoninhemmung. Die Zirbeldrüse reagiert auf elektromagnetische Felder mit der Verschiebung ihres natürlichen Rhythmus in die Morgenstunden. Die Folge davon ist, dass wir nicht mehr in die Tiefschlafphase kommen und am Morgen nicht erholt sind.
Neulich habe ich meinem Sohn eine Torfmütze mitgebracht, die er bereitwillig aufsetzte, auch wenn sie nicht so cool aussah. Am Abend fragte ich, wie es ihm gehe mit der Mütze und er sagte, dass er komischerweise gar nicht so einen Kopfdruck habe wie sonst abends.
Seit 16 Jahren forscht Peter Böhlefeld an dem Phänomen der Elektrizität. In Oettern bei Weimar haben er und Bettina Rinderknecht das »Alte Wasserwerk an der Ilm« gekauft und die Firma WANDIL begründet. Böhlefeld ist ursprünglich Bildhauer und Waldorfpädagoge. Er suchte nach Materialien, die die Auswirkungen von Elektrizität abhalten könnten. Dabei stieß er auf Anregungen Rudolf Steiners. Die Torffaser könne durch Veredelung so verwandelt werden, dass sie die elektromagnetische Strahlung aufsauge. Dazu brauche es Antimon, Lärchenharz, Stockrosenschleim, den Bast der Kastanienfrucht und Ozon. Böhlefeld begann mit der Produktion von Handytaschen und Steppdecken, unter denen man wie ein Murmeltier schläft. »Eigentlich müsste ein Säugling mit einem Torffaserschlafsack geschützt werden, um diesen Verhärtungen entgegenzuwirken«, meint Böhlefeld. Der Torf absorbiert das elektromagnetische Feld. Auch die von ihm hergestellten Torföle können helfen, wenn man die Kinder regelmäßig damit einreibt oder Torfölbäder macht, zumindest bis zum dritten Lebensjahr, wo alle Kräfte auf die Leibesbildung ausgerichtet sind. Das Ziel von Böhlefeld war und ist, eine Torfkleidung zu entwickeln, die in der heutigen Zeit den Leib schützt. Nach vielen Faserprobeversuchen ist es ihm gelungen, brauchbare Garne herzustellen, die gesponnen und zur Weiterverarbeitung in Strickereien und Webereien gebracht werden. Im Lager finden sich heute Mützen, Handschuhe, Schals, Strickjacken, probeweise genähte Röcke. Das Sortiment wächst.
Aus Böhlefelds Sicht ist der bewusste Umgang mit Elektrizität dringend von Nöten. Wenn der Körper zu »stumpf« werde, funktioniere zum Beispiel das Gedächtnis nicht mehr richtig. Die neuronalen Verknüpfungen im Gehirn würden nicht mehr in natürlichem Maße gebildet. Das bemerkt er vermehrt bei Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen, sie können sich nicht mehr so gut erinnern. Wenn man sich einmal klar macht, mit welchem Pensum an elektrischer Strahlung die heutige Menschheit konfrontiert ist, und wie anders das beim Aufwachsen der Elterngeneration war, muss man schlucken. Unsere Wohnungen und Häuser sind voll mit elektrischem Gerät. Unser Körper durchschreitet andauernd die elektrischen Wechselfelder zwischen Steckdose und Wasserkocher und muss sich permanent umstellen. Ganz zu schweigen von den hochfrequenten Handymasten und schnurlosen Telefonen, die Strahlungen abgeben.
Viele Menschen wollen, dass sie in jeder Ecke auf der Welt per Handy erreichbar sind. Da werden Elektrosensible schnell als »Spinner« abgetan. Doch treten vermehrt Menschen auf, die darunter leiden. Das Fatale ist, dass wir kaum wählen können, ob WLan oder nicht. Die Netze sind überall.
Natürliches wirkt unnatürlich
Es gibt eine natürliche Elektrizität. Sie kommt im Körper dort vor, wo Tod eintritt, also im Nervenzellenabbau, und ermöglicht unser heutiges Wachbewusstsein. Doch diese Kräfte sind nicht sinnlicher Natur, sie kommen nur am Sinnlichen zur Erscheinung. Böhlefeld hat in den Jahren seiner Forschung vor allem beschäftigt, einen neuen Begriff von Elektrizität zu bilden, da er mit den modellhaften Erklärungen aus der Physik nicht weiter kam. »Da stellen wir uns immer noch Materie vor, kleine Teilchen, die zwischen den Sendemasten hin und her fliegen. Aber so verhält sich das Elektrische nicht«, konstatiert er. Es ist eher den Gesetzmäßigkeiten des Lichtes verwandt. Mit den technischen Errungenschaften der Moderne hat sich die Elektrizität längst ihrer »Natürlichkeit« enthoben und wirke sich »unnatürlich« auf den Menschen aus. Diese Umstände habe Rudolf Steiner in den 1920er Jahren bereits gesehen und schon damals versucht, Forschungen mit der Torffaser anzuregen.
Das Ganze hat auch noch eine seelische Komponente und wird für Böhlefeld dadurch zu einer eminent pädagogischen Frage. Die Gier nach den neuesten Handys, nach Internet, nach Computerspielen, nach dem ständigen Telefonieren, nach Bildern, die nicht aus der sinnlich-natürlichen Welt stammen, birgt Suchtpotenzial. Hier sind besonders »jugendliche Kinder« gefährdet – schnell gelangweilt von natürlichen Eindrücken und ruhenden Bildern.
Der Leib wird hart
Die Bildefähigkeit des Leibes korrespondiert mit der Bildefähigkeit der Seele. Wird der Leib zu fest, gehen die feineren Wahrnehmungsmöglichkeiten verloren. Das Navi ersetzt die Fähigkeit, Karten zu lesen und sich im Raum zu orientieren. Das Babyfon ersetzt das Erspüren der Mutter, ob das Kind wach ist oder schläft. Böhlefeld stellt sich dabei auch die Frage, durch welche Methoden wir dieser Entwicklung etwas entgegensetzen können. Denn der Torf könne nur die ätherische Ebene schützen, denn er wirke nur auf Lebendiges. In der Eurythmie und der Kunst sieht er vergleichbare Möglichkeiten. Man kann sich einmal den Selbstversuch gestatten, den Sicherungsschalter für die gesamte Hauselektrik für die Nacht oder gar ein Wochenende umzukippen und beobachten, wie sich das anfühlt. Als der heutige 54-jährige Böhlefeld selbst das erste Mal unter einer Torfdecke schlief, erinnerte es ihn an das Schlafengehen als er Kind war. Seit zwei Monaten habe ich ungewollt zu Hause kein Internet und kein Telefon mehr, was natürlich auch schnurlos war. Meine Wahrnehmung ist, dass es in der Wohnung irgendwie klarer wirkt, so als wäre die Luft reiner. Das würde ja heißen, dass es vorher »nebelig« war.
Seltsamerweise kann ich erst einen Unterschied wahrnehmen, wenn etwas nicht mehr da ist. Zuvor steckte ich ja mittendrin.