Ich protestiere vehement gegen die Inhalte des o.g. Aufsatzes. Darin wird das Fach Geographie in einer von völliger Unkenntnis um fachdisziplinäre Entwicklungen innerhalb der letzten 60 Jahre gekennzeichneten Art und Weise repräsentiert. Weiterhin werden gänzlich inakzeptable geodeterministische Perspektiven vorgebracht, die in der Geographie seit spätestens den 1950er Jahren aus schwerwiegenden Gründen [zum Beispiel: Deutsche Geopolitik im Dritten Reich (Haushofer), Verknüpfung von Volk und Raum (Ratzel)] absolut verpönt sind.
Die von dem Autor benannte »Krise«, in der die Geographie angeblich seit langem steckt, bezieht sich deutlich auf das so genannte »Länderkundliche Schema«, welches von Alfred Hettner gegen Ende der 1920er Jahre entwickelt wurde und welches dann für etwa 40 Jahre tatsächlich sehr einflussreich war. Ich rate dem Autor in dieser Sache sehr, sich einmal mit den Inhalten und Folgen des Kieler Geographentages des Jahres 1969 vertraut zu machen. Hier wurde die von ihm genannte Krise thematisiert und durch einen folgenden Paradigmenwechsel in Richtung »Kritischer Rationalismus« behoben.
Auch diese Vorgehensweise geriet in den 1980er Jahren in eine Krise und wurde durch das Paradigma des »Konstruktivismus« ersetzt, welches bis heute die zumindest anthropogeographische Vorgehensweise kennzeichnet.
Folglich werden derzeit Weltbilder wie zum Beispiel Industrieländer versus Entwicklungsländer, Kulturerdteile, geopoltische Leitbilder u.a. kritisch reflektiert und auf einer diskursanalytischen Basis dekonstruktiert.
Dieses konstruktivistische Vorgehen ist Herrn Brakel dringend zu empfehlen und sollte seine für die Leserschaft Ihrer Zeitschrift unzumutbaren Inhalte vollkommen revidieren.
Ich verbleibe als soziales Wesen (auch außerhalb der Wüste), in Demut (auch außerhalb des Regenwaldes), mit Mut und Wachheit (auch außerhalb der »leeren« Steppe), mit der Liebe zum Kleinen (auch außerhalb beengter Siedlungsräume) und würde mich über eine Rückmeldung sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
André Staarmann