Wie zu erwarten, empfinden diejenigen, die schon im Kindergarten und in den ersten Schuljahren Inklusion oder Integration erlebt haben, es durchweg als normal, gemeinsam zur Schule zu gehen und Freunde zu haben, die »anders« sind.
In der Pubertät, in der sich unter anderem auch eine Distanzierung zur Umgebung vollzieht, kommt es bei vielen Jugendlichen zu mehr oder weniger starkem Rückzug oder Vereinzelung. In dieser Zeit setzen auch einige der Kritikpunkte der Schüler an: Zielorientierung beim einen, Lebenstraining beim anderen. Kognitives Futter und wissenschaftliches Interesse begegnen Themen wie »Mobilität im Alltag mit öffentlichen Verkehrsmitteln« oder »Einkaufen und Zubereiten einer Mahlzeit«.
Schnittpunkte sind zum Beispiel der gemeinsame Tages- oder Unterrichtsbeginn, das künstlerisch-praktische Arbeiten, Epochen wie Biologie, Kunstgeschichte oder auch mal Deutsch, die sich inklusiv gestalten lassen und jeder zu dem »Seinigen« kommt. Berührungslinien bilden sich durch Projekte, Feste und Feiern, Ausflüge und Klassenreisen. Gemeinschaft entsteht dort, wo alle im gegenseitigen Bewusstsein einen Platz haben.
Zu beobachten ist eine Verwandlung der Beziehung durch die Jahre – nicht ohne zum Teil schmerzhafte Prozesse. Was schließlich daraus entsteht, vielleicht auch erst im Nachklang, viele Jahre später, muss jeder der Beteiligten zunächst für sich selbst erkunden.
In der Beobachtung der weiteren Lebens- und Schicksalswege unserer Schülerinnen und Schüler zeigt sich – die IWS ist seit sechs Jahren mit einem »Zug« voll ausgebaut –, dass sie ebenso vielfältige Studien- und Ausbildungsthemen aufnehmen, wie an anderen Schulen auch. Oft klingt in Rückblicken der Schüler an, dass sie weniger »Ellbogenmentalität« ausgeprägt und eher gelernt haben, Rücksicht zu nehmen. Aber auch das mag in sehr unterschiedlichen Facetten zu Tage treten und hält sicherlich einer Verallgemeinerung nicht stand. Die Schüler mit Behinderung, welche die IWS nach ihrem 12. oder 13. Schuljahr verlassen, gehen ihren unterschiedlichen Fähigkeiten entsprechend in verschiedene Richtungen. Die Strukturen in Baden-Württemberg erlauben es diesen jungen Erwachsen auch heute noch eher selten, ihren Platz auf dem 1. Arbeitsmarkt zu finden.
Schüler zum gemeinsamen Unterricht
»Es ist gut für mich, mit einer Vielzahl von Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zusammen in die Schule zu gehen. Ich habe dabei viel, auch über mich selbst, gelernt. Zum Beispiel, meine eigenen Probleme etwas zu relativieren, mich so anzunehmen, wie ich bin und auch meine Toleranzschwelle zu erweitern.«
»Vor allem in den ersten Schuljahren ist Inklusion eine gute Sache, die funktioniert und trägt. In den späteren Jahren dann, in der Mittelstufe etwa, haben wir weniger gemeinsam – oder besser gesagt – mehr differenziert.
Das ist ja auch sinnvoll, da jeder ein anderes Tempo hat und die Ziele unterschiedlich sind.«
»Inklusion sollte nicht bedeuten, die rosarote Brille aufzusetzen! Differenzierung muss sein. Die Würde des Einzelnen und seine Bedürfnisse müssen an erster Stelle stehen – keine Ideologie.«
»›Bremsklötze‹ in der Klasse sind eigentlich nicht die Schüler mit Handikap, sondern eher die anderen: Verweigerer, Klugschwätzer und Querulanten.«
»Irgendwie bin ich stolz darauf, diese Erfahrungen gemacht zu haben. Freunde zu haben, die ›anders‹ sind, aber eben doch vertraut. Das ist mehr wert, als mancherlei Lernstoff! Weil es eben das richtige Leben angeht. Ich weiß, wie und dass ich mit Menschen mit Behinderung leben und wie ich mich verhalten kann. Ich glaube, dass das sehr prägend ist.«