Waldorf erklärt

Waldorfschule: Hintergrund und Grundlagen

Daniela von Pfulstein
Daniela von Pfuhlstein

Die Waldorfpädagogik entstand vor rund einhundert Jahren zeitgleich mit der reformpädagogischen Bewegung, als Reaktion auf das damalige Schulsystem und im Rahmen der großen gesellschaftlichen Umbrüche nach dem ersten Weltkrieg. Die Schüler:innen sollten künftig aufgrund ihrer eigenen Motivation lernen und nicht für die Bewertungen ihrer Leistungen und aus Angst vor körperlichen Strafen. Das erklärte Ziel war eine Schule, bei der das Kind im Mittelpunkt steht, die seine Entwicklung zum ganzheitlichen Erwachsenen bestmöglich begleitet.

Emil Molt, der die Waldorf Astoria Zigarettenfabrik in Stuttgart betrieb, bat Rudolf Steiner, den Begründer der Anthroposophie, eine Schule für die Kinder seiner Arbeiter:innen zu entwickeln. So entstand die nach der Fabrik benannte Waldorfpädagogik.

Die Schule zeichnete sich durch eine Reihe von Neuerungen aus: Beispielsweise wurden von Anfang an Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet. Zudem gab es Fremdsprachenunterricht ab der ersten Klasse und die künstlerisch-musischen Fächer wurden aufgewertet. Wichtig war und ist auch die Persönlichkeit der Lehrkräfte, die sich bewusst sein sollen, dass sie bei jedem Kind einen grossen Schatz pflegen.

Die zwischenmenschlichen Aspekte waren an der Waldorfschule von Beginn an von zentraler Bedeutung. Daher bleibt die Klassengemeinschaft zusammen, es gibt kein Sitzenbleiben. Im Beziehungsdreieck aus Eltern, Schüler:innen und Lehrer:innen gibt es kein Gefälle; alle tragen gleichermaßen zum Gelingen von Schule bei.

In den ersten beiden Schulstunden findet der Hauptunterricht statt. Hier werden die Themen der üblichen Hauptfächer wie Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften unterrichtet. Die Klassenlehrer:innen sind dafür ausgebildet, ein derart großes Spektrum an Fächern zu unterrichten und im Bedarfsfall unterstützen die jeweiligen Fachlehrkräfte.

Die Klassenlehrkraft unterrichtet für bis zu acht Jahre ihre Klasse. Ab der neunten Klasse sind die Schüler:innen in der Oberstufe, in der die Fächer von Fachlehrkräften unterrichtet werden. Die Waldorfschulen bereiten die Schüler:innen auf staatliche Schulabschlüsse vor.

Viele Schulfächer werden in Epochen unterrichtet. So setzen sich die Schüler:innen intensiv mit einem Thema für mehrere Wochen auseinander, können die Inhalte verinnerlichen und sie auf verschiedene Art und Weisen erarbeiten. Eine Epoche dauert zwischen zwei und sechs Wochen.

Der Besuch einer Waldorfschule ist für die Eltern nicht kostenfrei, allerdings kosten die Schulen deutlich weniger Geld als private Schulen und Waldorfschulen im Ausland, da sie in Deutschland staatlich unterstützt werden. Die Schulen sind relativ autark, halten sich aber an die Auflagen der staatlichen Schulaufsicht und an eine Reihe von Standards, damit sie sich Waldorfschule nennen dürfen.

Von Anfang an war und ist es ein Grundsatz der Waldorfschulen, dass sie allen Kindern offenstehen, unabhängig von Religion, ethnischer Herkunft, Weltanschauung und Einkommen der Eltern.

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