Neue Schule in Südkorea

Wolfgang-M. Auer

Mit der Metro aus Seoul kommend, fährt man im Bus weiter durch ein älteres Wohngebiet, in dem sich auch eine Universität befindet. Plötzlich öffnet sich der Blick in eine saftig-grüne Landschaft mit Feldern von Paprika, Melonen und Sesam, begrenzt von zwei sanften Hügeln, die eine Form haben, wie sie im Sand entsteht. Und dann fällt der Blick mitten drin auf eine ganz andere Farbe: das hölzerne Gebäude der Schule. Betritt man das Gebäude, ehemals ein Lagerhaus, fällt die edle Qualität der Ausstattung und der Gestaltung auf. Die Eltern von Schule und Kindergarten haben dafür gesorgt, das Haus gemietet und selber Hand angelegt und auch Garten und Spielgelände nicht vergessen. Manche Eltern haben schon lange auf die Gründung hingearbeitet, viele sind extra in die Nähe gezogen, um ihren Kindern den Besuch dieser Schule zu ermöglichen. Der Kindergarten arbeitet schon einige Jahre. 

Das Schulsystem in Südkorea ist grausam. Viermal im Jahr finden Tests statt, die über das weitere Schicksal der Kinder entscheiden. Nur mit guten Ergebnissen kommt man weiter und am Ende dann auf die gute Universität. Reformen bestehen nur darin, dass es in Zukunft kein Papier und keine Stifte mehr geben wird, sondern Laptops und digitale Tafeln. Immer mehr Eltern suchen nach einer Pädagogik, in der das Kind noch im Mittelpunkt steht. Bei einem öffentlichen Vortrag über Waldorfpädagogik im Rathaus zu Bucheon in den Sommerferien war der Saal voll.

Wichtige Vorarbeit für die Gründung der Schule hat das Center for Anthroposophy in Korea (www.steinercenter.org) mit Vorträgen und Kursen über Anthroposophie und Waldorfpädagogik geleistet. Es hat auch in der Vorbereitungsphase die Eltern unterstützt. Seit Jahren führt das Center berufsbegleitende Kurse zur Waldorfpädagogik im Kindergarten durch. In diesem Sommer wurde mit einem Lehrerkurs begonnen. Einige Eltern haben an den Kursen teilgenommen.

Die Schule hat mit 33 Kindern in drei Klassen begonnen, 19 in der ersten Klasse, 4 in der zweiten und 10 in der dritten. In der zweiten und dritten Klasse sind inzwischen Kinder dazu gekommen. Es spricht sich herum, dass hier gute pädagogische Arbeit gemacht wird. Einige der Lehrer haben in Deutschland ihre Waldorfausbildung gemacht und z.T. auch hier praktiziert. In den drei Klassen wird nach dem Prinzip des bewegten Klassenzimmers gearbeitet. Es gibt Eurythmie- und Musikunterricht, Handarbeit, die Fremdsprachen Englisch und Chinesisch. Um die Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen, wird ein Therapiebereich mit Heileurythmie, Maltherapie und Musiktherapie aufgebaut. Noch ist die Schule klein. Aber das Bild, das Eltern und Lehrer in sich tragen, ist groß. Und wenn man die Menschen erlebt hat, ihre Kraft und ihre Begeisterung für die Waldorfpädagogik, dann ist klar: dieses Pflänzchen wird wachsen und groß und stark werden.

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