Allfällige Investitionen scheinen kaum finanzierbar. Geldgeber schauen auf die Bilanzen. Und da stehen Zahlen, die nicht die Realität des Unternehmens widerspiegeln. Entsprechend muss auf Mitgliederversammlungen immer wieder über die Rücklagen oder Abschreibungen diskutiert werden.
Für kulturschaffende Organisationen des freien Geisteslebens können zwei Beispiele genannt werden, wie menschliche Ressourcen Eingang in eine Wertebilanz finden. Das erste sind die Fähigkeiten, die Mitarbeiter sich eigenständig erwerben durch Arbeitszeit oder mittels Weiterqualifikationen. Ausgaben, die leicht quantifizierbar sind. Ein zweites sind die Potentiale, also Ideen, Innovationen, Entwicklungen der Mitarbeiter, die in die Tat umgesetzt werden. Diese können in ihrer Entwicklung mit Wirkungsbuchungen erfasst und verfolgt werden. Alles in Euro und Cent buchbar.
Als Nicht-Betriebswirtschaftler muss ich mich jedes Jahr aufs Neue in die herkömmlichen Bilanzen hineinarbeiten. Das Verständnis dafür entzieht sich mir jedes Jahr aufs Neue. Zäh und gegen innere Widerstände muss ich mich zu einem Verständnis durchkämpfen, oftmals mit freundlicher Unterstützung der jeweiligen Geschäftsführung. Rainer Monnets Arbeit zur Wertebilanz machte mir klar, dass dies in Zukunft nicht mehr so sein muss. Der Ansatz begeistert mich. Vor der Lektüre befürchtete ich, dass ich vielleicht nur die Einleitung verstehen würde. Das war nicht so. Auch wenn ich als Laie einige Dinge zweimal lesen musste, um den Überblick zu behalten. Es ist auch keine Einführung in Buchführung für Laien. Die Fachleute zur Umsetzung wird es nach wie vor brauchen, das Buch ist jedoch zumindest für die Vorstandsarbeit sehr zu empfehlen. Monnet zeigt, wie humane, soziale und kulturelle Ressourcen tatsächlich abgebildet werden können. Daraus resultiert ein realer Vermögenszuwachs und dies steigert die Kreditwürdigkeit. So etwas bilanziell schwer Fassbares wie Nachhaltigkeit wird buch- und damit sichtbar, und schließlich in der Bilanz zum »Wert«. Dadurch gewinnen Bilanzen an Transparenz und Verständlichkeit. Er weist nach, dass dies nicht nur legal ist, sondern dem Sinn einer Veröffentlichungspflicht sogar viel mehr entspricht. Auf der anderen Seite kann die Wertebilanz aber auch Mängel und Handlungsnotwendigkeiten frühzeitiger aufzeigen.
Ich werde meiner Geschäftsführerin die Wertebilanz in die Hand drücken und freue mich auf die nächste Sitzung zur Vorbereitung der Bilanz.
Rainer Monnet: Wertebilanz. Werte nachhaltig bilanzieren. Für eine zukunftsfähige Ökologie. 212 S., Pb., EUR 29, 80, Lindemanns Verlag, Bretten 2021