Film

Wo ist das Haus meines Freundes? - ab 12

Kolumne Knilli

Was wie eine Lappalie klingt, wächst sich für den achtjährigen Ahmad zu einer wahren Heldenreise aus.

Der staubige Innenhof eines schlichten Hauses in einem Dorf im Iran. Die Mutter, beide Arme in einem Waschtrog mit kaltem Brunnenwasser, neben sich das weinende Jüngste, gibt die Härte ihres Lebens an Ahmad weiter, droht mit Schlägen, wenn er nicht folgt. Doch der sommersprossige Ahmad insistiert. Schon drei Mal hat sein Freund und Banknachbar Mohammad das Heft vergessen, heute hat er die Hausaufgabe wieder auf losen Blätter gebracht. Der strenge Lehrer der zweiten Klasse war sehr ungehalten und hat die Zettel zerrissen. Mohammad hat bitterlich geweint. Wenn sein Freund noch einmal ohne Heft in den Unterricht kommt, wird er der Schule verwiesen.

Ahmad trifft eine Entscheidung. Statt Brot zu kaufen, wie von der Mutter beauftragt, läuft er los – mitsamt dem Heft. Mohammad wohnt im Nachbardorf, aber Ahmad weiß nicht genau wo. Er überwindet den kargen Hügel, der die beiden Dörfer trennt, durchquert im Laufschritt einen Olivenhain. Hühner, Ziegen, verschlossene Türen und Fenster. Mit großen staunenden Augen blickt Ahmad sich um. Das Nachbardorf mit seinen Gassen und Winkeln ist groß und unübersichtlich – wie im Traum. Ruhig und unbeirrt folgt Ahmad seinem inneren Kompass und fragt sich durch, aber niemand weiß etwas Konkretes. Kurz meint er den Freund gefunden zu haben, denn eine rostbraune Hose, wie dieser sie am Morgen beim Sturz in den Schmutz vor der Schule trug, hängt an einer Leine im Hof. Aber die Hose gehört einem anderen Kind. Ein eiliger Mann, der seinen Maulesel peitscht, soll Mohammads Onkel sein. Lange rennt Ahmad den Beiden nach, aber auch diese Spur führt ins Leere.

Es wird dunkel. Ahmad hört das Geräusch einer Holzsäge hinter einem erleuchteten Fenster. Der greise Schreiner hat endlich ein Ohr für ihn, meint sogar, Mohammad zu kennen. Erschöpft sieht Ahmad bald, dass sie im Kreis gegangen sind, und er wieder vor der selben falschen Türe steht. Dem liebenswerten Alten sagt er das aber nicht. Stürmischer Wind kommt auf, Hunde bellen. Bang macht der Junge sich auf den Heimweg. Mit Tränen in den Augen sitzt er vor dem missmutigen Vater. Die Mutter stellt ihm Abendbrot hin. Ahmad hat keinen Hunger, er muss noch Hausaufgaben machen. Am nächsten Morgen in der Schule wird klar: Der unbeirrbare Ahmad hat doch noch einen Ausweg ersonnen. Das letzte Bild des Films lässt das Herz vor Freude hüpfen. Eigenverantwortung und Zuneigung haben obsiegt.

Wo ist das Haus meines Freundes? (Originaltitel: Khane-ye doust kodjast?) von Abbas Kiarostami (Iran 1987, 83 Minuten). Der Film kann auf LaCinetek in der persischen Originalfassung mit deutschen Untertiteln gestreamt werden (ab zwölf Jahren): https://t1p.de/jz7h7

Bitte beachten Sie die Kurze Anleitung für einen gelungenen Filmnachmittag.

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