Sah es lange so aus, dass alle Mitglieder, die dies wünschten, vor Ort an der als Webinar ausgestrahlten Versammlung teilhaben könnten, so mussten diese Pläne nach behördlichen Ansagen binnen 14 Tagen fallen gelassen werden. 20 Teilnehmer:innen waren zugelassen – so lautete die Vorgabe in Hamburg. Zugeschaltet waren mind. 200 und max. 290 Schulvertreter:innen und persönliche Mitglieder.
In fünf Sitzungsabschnitten galt es, wichtige Entscheidungen zu fällen und Weichen für die Zukunft zu stellen. Mit der Verabschiedung des Haushalts für das Schuljahr 2021/2022 wird der Beitragssatz festgeschrieben, den die 254 Schulen je Schüler:in und je Jahr aufbringen, damit der BdFWS seinen Aufgaben – Lehrer:innenbildungsfinanzierung, Rechtsberatung, Öffentlichkeitsarbeit und politisches Netzwerken, der Finanzierung der Pädagogischen Forschungsstelle (PäFo) sowie zahlreichen pädagogischen Projekten – nachkommen kann. Außerdem fanden die Wahlen zum Bundesvorstand und für das Kuratorium der Waldorf-Stiftung statt. Auch für die PäFo, deren Mitgliederversammlung (MV) stets Teil der MV des BdFWS ist, standen Wahlen an: Vorstand und Beirat wurden bestimmt.
Neuer Vorstand gewählt, scheidende Mitglieder verabschiedet
Eine zeitgemäße und zukunftsoffene Waldorfpädagogik, klimaneutrale Schulen, die Weiterentwicklung der waldorfinternen Selbstorganisation und mehr Dialog mit der Erziehungswissenschaft: Dafür steht der neugewählte Vorstand des BdFWS. »Uns geht es um eine sozial-ökologische Zukunft für die Jungen, wir wollen jetzt auch auf politischer Ebene stärker sichtbar werden«, formulierte Bundesvorstandsmitglied Nele Auschra. Der BdFWS hatte im Herbst bereits ein Pilotprojekt »CO2ero – Klimaneutrale Waldorfschulen« auf den Weg gebracht. Nele Auschra löst Henning Kullak-Ublick als Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit ab. Gewählt wurden außerdem Friederike Kenneweg, Eva Wörner, Wilfried Bialik, Stefan Grosse und Hans-Georg Hutzel.
Der neue Bundesvorstand zog am Ende der Mitgliederversammlung eine klare Grenzlinie zu Querdenkern und Rechtstendenzen. Der Vorstand dankte den Lehrer:innen an den Waldorfschulen dafür, den Schüler:innen »echte Lernerfahrungen« zu bieten. Wilfried Bialik hatte zuvor gefordert, die Waldorfpädagogik müsse sich mehr vernetzen, sie dürfe keine »Nischenpädagogik« sein und den Austausch mit der Erziehungswissenschaft suchen.
Stefan Grosse sprach sich für ein Lehrplan-Symposion aus, das die Anforderungen der Zeit aufgreift; auch Themen wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz müsse sich die Waldorfpädagogik stellen. »Wenn wir unsere Schüler:innen nicht als Zeitgenossen entlassen, haben wir versagt«, mahnte er. Friederike Kenneweg stellte die Frage, inwieweit die Waldorfpädagogik in der gegenwärtigen Krise zum Heilmittel werden könne. Eva Wörner und Hans-Georg Hutzel forderten eine Weiterentwicklung der waldorfeigenen Selbstorganisation. »Klarheit und Transparenz« sollten die Entscheidungsprozesse und die soziale Gestaltung bestimmen. Henning Kullak-Ublick wurde mit einer Laudatio von Walter Riethmüller verabschiedet, der seine Verdienste um die Schulbewegung hervorhob. Zusammen mit seinem Team hatte der langjährige Waldorfklassenlehrer seit 2008 das Auftreten der Waldorfschulbewegung in der Öffentlichkeit geprägt. Auch für das weltweit gefeierte 100jährige Jubiläum der Waldorfschulen war er ein wesentlicher Impulsgeber gewesen. Mit einer Laudatio von Nicolas Müller ebenfalls in den Ruhestand verabschiedet wurde Thomas Lutze-Rodenbusch, der u.a. die Gruppe »Zukunft machen« initiiert hat, in der junge Waldorflehrer:innen ihre Ideen einbringen. Er war hoch geschätztes Bindeglied zu den Eltern- und Schüler:innenvertretungen und in die Bundeskonferenz, das Gremium, in dem Vertreter:innen aus den Regionen die Arbeit des Vorstands begleiten.
Haushalt und Weichenstellung – inhaltliche Themen
Ein Großteil der finanziellen Mittel in Höhe von 17,2 Mio EUR, die durch die Elternbeiträge aufgebracht werden, fließt in die waldorfeigene Lehrer:innenbildung, 13,3 Mio EUR sind es 2021/2022. Die Pädagogische Forschungsstelle wird mit 466.700 EUR unterstützt.
Mit dem Einstieg in ein neues Finanzierungsmodell, bei dem die Schulen nunmehr auch je nach Art und Anzahl der ankommenden Waldorflehrer:innen an den Kosten von deren Ausbildung beteiligt werden, stellte die Mitgliederversammlung entscheidende Weichen für die Zukunft. Eine rund 80%-Sockelfinanzierung sichert den laufenden Betrieb der bestehenden Ausbildungseinrichtungen. Wichtige Themen, über die online diskutiert wurde, waren außerdem ein neuer Schritt zur Qualitätsentwicklung und die Notwendigkeit, die Gewaltprävention in jeder Schule mit einem entsprechenden Konzept zu verankern. Das in Berlin Mitte auf dem Gelände der Waldorfschule angesiedelte Seminar für Waldorfpädagogik stellte sein Bauvorhaben vor: Das bestehende Gebäude muss abgerissen werden und ein neues soll errichtet werden, sobald die Finanzierung steht. Gemeinsam mit weiteren Mieter:innen, dem BdFWS (Büro der Öffentlichkeitsarbeit und politisches Netzwerken), den Freunden der Erziehungskunst und dem Waldorfkindergarten soll dort nun »Waldorf im Zentrum« entstehen.
waldorfschule.de | waldorf-stiftung.de | forschung-waldorf.de | waldorfschule.de/ueber-uns/was-tun-bei-missbrauch | waldorf-im-zentrum.de